Wenn mich jemand fragt, wie entstehen diese Art von Bildern, dann ist die kurze Antwort: Farbe, Wasser und Physik. Das ist dann zwar korrekt, gibt aber die Arbeitsweise nur sehr verkürzt wieder.

Zuerst und ganz wesentlich gibt es als Mitspieler den Untergrund. Eine frische Leinwand verhält sich völlig anders als eine Leinwand auf der bereits Strukturen sind. Und Strukturen aus Papier verhalten sich anders als solche aus Acrylspachtelmasse und diese wiederum ganz anders als stark saugende Putze oder wasserabstoßende Materialien. Damit es richtig interessant werden kann, muss also schon etwas Interessantes da sein.

Einfach Farberühren und drüber kippen - so sieht das dann nur aus der Ferne aus. Zwar wird zuerst Farbe mit Wasser gemischt und hingebungsvoll gerührt. Bei großen Mengen nehmen Kollegen schon mal ein Rührgerät als Hilfe. Aber bereits bei der Farbwahl und der bereiteten Menge habe ich immer eine Komposition im Kopf. Dann wird die Farbe auf den Untergrund geschüttet, gekippt, getropft. Und jetzt kommt die Physik ins Spiel. Vorsichtig wird die Leinwand angehoben und die Farben zum Zusammenfließen gebracht. Schwerkraft und Strömungsdynamik sind die Naturkräfte mit oder gegen die man arbeitet. Die Farben mischen sich direkt auf der Leinwand. Dünne Farbe und dicke Farbe, stark anheben oder nur wenig - da gibt es manche Überraschung und bei näherem Betrachten ergibt sich dann meist, dass man ein Naturgesetz nicht bedacht hat. Physik im Atelier –- ein spannender Lernprozess. Es wird sozusagen im Fluss gemischt und der Prozess des Anhebens von verschiedenen Seiten und in unterschiedlichen Winkeln geht oft über mehr als eine Stunde und ist auch ganz schön anstrengend. Immer wieder muss der Prozess mit Wasser ‚am Laufen‘ gehalten werden. Am Schönsten ist es, wenn an einigen Stellen noch der Untergrund durch oder heraus scheint. Meist steht die Farbe danach so stark auf den Bildern, dass es einen ganzen Tag dauert, bis sie getrocknet ist. Und auch dabei kann es passieren, dass dann noch einige Stellen – - da unbeaufsichtigt - ein Eigenleben entwickeln.

Ein Eingreifen ist nur sehr begrenzt möglich. Also nichts für Kontrollfreaks. Aber ausschließlich ein laissez faire ist auch nicht zielführend. Es bedarf schon einiger Selbstkritik, um einen Tag später nach dem Trocknen das Ergebnis kritisch zu betrachten und ggf. zu verwerfen und dann – mit Bedauern und Selbstüberwindung - noch einmal von vorne zu beginnen.

Panta rhei (griechisch πάντα ε ῖ, „Alles fließt“) Heraklit